Fakenews? Tatsachen? – Was ist nun was?


So und ähnlich wird die Bevölkerung in Zeitungsberichten und selbst von den Gemeindeämtern informiert:

1) „Die nötigen Schlägerung für die Windräder verbessern die Biodiversität, es entstehen Lichtungen“

Tatsache:
Durch die in den vergangenen Jahrzehnten gebauten Forststraßen gibt es bereits mehr als genug Randzonen, wo auch Stauden, Sträucher und Beeren wachsen. Dazu kommen die starken Auflichtungen durch die Borkenkäferkalamitäten (der Peak war 2018). Von denen werden wir in Zukunft auch noch genügend erleben, sodass es zu weiteren ungeplanten Auflichtungen ohnedies kommen wird. Allerdings hat der Wald jetzt die Chance zu klimafitten Umbau, er befindet sich gerade in einer Regenerationsphase, die noch viele Jahre dauern wird. In dieser Phase muss jedoch jede weitere Schwächung vermieden werden.
Das Waldinnenklima, welches sich durch hohe Luftfeuchtigkeit und geringere Temperaturen auszeichnet, wird zusätzlich gestört, wenn weitere Schlägerungen durchgeführt werden, welche ja noch dazu nicht nach forstwirtschaftlichen/ökologischen Gesichtspunkten erfolgen, sondern nach Vorgaben der Windparkplanung. Für den Wald bedeutet das zusätzlich Trockenstress, Hitzestress, Eröffnung von Windangriffsflächen. Der stark verdichtete Boden verlangsamt stark die Regeneration und erleichtert auch das Eindringen von schädlichen Neopyten. In vom Klimawandel gestressten Ökosystemen sollte man keine zusätzlichen Eingriffe wie Auflichtungen vornehmen.

2) „Windparks in Nutzwäldern stellen generell kein Problem für den Naturschutz dar“

Tatsache:
Hier ist eine differenzierte Sichtweise unumgänglich. Man muss die Wälder immer gemeinsam mit ihrem Umfeld betrachten. Gerade die Waldgebiete im nördlichen Waldviertel  – auch Nutzwälder – sind eingebettet in hochwertige Vernetzungslandschaften von Acker-Rain-Wiesenfluren und Teichen. Auf und in unmittelbarer Nähe den Planungsflächen sind Vorkommen hochsensibler Vogelarten mit europäisch bedeutsamen Brutpopulationen. Das obere Waldviertel gilt als Hoffnungsgebiet für sehr viele Tierarten, die hier die immer seltener werdenden Rückzugsmöglichkeiten vorfinden. Sehr besorgt äußern sich die Forscher und Ornithologen der Forschungsgemeinschaft Wilhelminenberg (hier klicken), Vogelexperte Katzinger (hier klicken), ehrenamtlich für Birdlife tätig, oder auch der Naturschutzbund (hier zB. die Resolution zur Wild bzw hier die UVP Einwände). Das sind die Experten, die unsere Wälder bestens kennen und hier seit Jahrzehnten Forschungsarbeit leisten, auf die sollten wir hören!
Hier die Verteilung der Brutgebiete von sehr seltenen Vogelarten – Birdlife

Ein weiterer negativer Punkt: In diesen zentralen Waldräumen ist bisher außer der üblichen Forstwirtschaft und etwas Tourismus noch relative Ruhe gegeben. Sie stellen ganz wichtige Rückzugsräume beispielsweise für Wölfe und andere Tierarten wie Rotwild dar. Durch die Windparks entsteht schon alleine durch den Wartungsbetrieb ein ständiges Kommen und Gehen in Lebensräumen, welche bisher von menschlicher Aktivität noch einigermaßen verschont blieben. Geschlossene Waldgebiete sind somit die letzten Rückzugsräume wo noch einigermaßen Ruhe vor dem rastlosen Homo sapiens gegeben ist. Es müssen große Flächen freigehalten werden, beispielsweise für das Ablegen von Rotorenblättern. Man muss von mindestens 1,5 Hektar pro Windrad ausgehen. Darüber hinaus werden ganze Bergkuppen eingeebnet.

3) „Windräder im Wald fördern indirekt die Vielfalt bedrohter Tiere und Pflanzen“

Tatsache:
Keinesfalls verbessern Windräder Biotope, das Gegenteil ist der Fall! Darum sind ja auch Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben. Die Ausgleichmaßnahmen hören sich auf dem Papier vielleicht gut an, können aber in seltensten Fällen das ersetzen, was durch den Windpark an Biodiversität verloren gegangen ist. Denn es wird in sehr langsam gewachsene Ökosysteme eingegriffen. Ein Zentimeter Waldboden braucht für die Entstehung etwa 100 Jahre, Bäume müssen erst viele Jahrzehnte wachsen, um als Brutbaum von Großvögeln genützt werden zu können. Für viele Vögeln kommen Waldgebiete als Lebensraum erst in Frage, wenn sie eine bestimmte Mindestgröße aufweisen.
Struktur- und Lebensraumverbesserung in der Natur lassen sich auch unabhängig vom Windkraftprojekten durchführen.
Interessanter Vergleich: Der Reaktorunfall in Tschernobyl hat tatsächlich die Vielfalt bedrohter Tiere und Pflanzen verbessert. Denn rund um die menschenleere Todeszone entwickelte sich eine tolle Wildnis für die Natur. Wollen wir deswegen Kernkraft?

4) „Die Fichtenwälder sterben ja ohnehin durch den Klimawandel ab, dann haben wir wenigstens Windräder“

Tatsache:
Selbst bei abgestorbenen Fichtenwäldern entsteht entweder durch Aufforstung sofort wieder ein neuer, durch gepflanzte Mischbaumarten stabilerer Wald oder es stellt sich rasch Naturverjüngung mit einer Pioniervegetation aus Birken, Pappeln, Ebereschen und vielen anderen Baumarten ein.
Deswegen ist es wünschenswert, Waldgebiete unberührt zu lassen und in großflächige Ackergebiete auszuweichen.

5) „Katzen sind für Vögel viel schädlicher als Windräder“

Tatsache:
Dieser Vergleich hinkt deutlich. Ja, es stimmt, dass Freilaufkatzen viele Vögel fressen und ein Problem darstellen. Nein, es stimmt nicht, dass Katzen als Prädatoren direkt mit Windrädern verglichen werden können. Unter Windrädern finden sich als Kollisionsopfer vor allem auch Großvögel wie Adler, Milane und Störche, die nie in das Beutespektrum einer Hauskatze fallen würden und deren geringe Reproduktionsrate auch nicht auf Verluste durch Prädation (oder Windräder) abgestimmt ist. Dass sich die Bestände vieler Großvogelarten in den letzten Jahrzehnten erholt haben, ist auf internationale Schutzbemühungen (Nisthilfen, Horstüberwachungen, Gesetzesänderungen, Monitoring-Programme, Anti-Gift-Aktionen usw.) zurückzuführen. Die Präsenz von Windrädern wirkt eher dämpfend, aktuell entwickelt sich in Österreich die Kollision durch Windräder zur Todesursache Nummer 1, z.B. beim Seeadler oder auch beim Kaiseradler (allein im Jahr 2023 sind in Österreich 5 von 11 verunglückten Kaiseradlern nachgewiesenerweise mit Windrädern kollidiert).